Der Aufschieber
   
Das Wochenende ist vorbei und wieder hat er nichts getan, nichts von dem, was er sich vorgenommen hat. Kein Buch hat er aufgeschlagen, keine einzige Zeile hat er geschrieben. Seit Monaten nicht, wie lange genau weiss er nicht und will es auch nicht wissen.
Den Sonntag erträgt er kaum, da wird ihm stets komisch im Magen, es zieht und drückt im Zwerchfell, als wäre zum Atmen die Luft zu dünn. Und dann hat er Durchfall – beinahe jeden Sonntag Abend.
Vom Sofa im Wohnzimmer aus blickt er in Richtung unberührten Stapel Korrespondenz auf dem Küchentisch, die Mailbox mit sämtlichen ungelesenen Nachrichten hat er soeben vom Handy gelöscht.

 

 

Ihr könnt mich alle mal. Er würde den Termin eben verschieben müssen und eigentlich kann es nicht so schwierig sein, andere Halbschuhe schreiben ihre Thesis über Nacht.
Draussen wird es dunkel. Er würde morgen nicht hingehen und sich endlich einmal hinsetzen müssen, beschliesst er. Der Sekundarlehrer damals hatte ja gesagt, er sein ein talentierter, wenn er, der Bub, sich nur ins Zeug legen würde. Sich ins Zeug legen, ja, das müsste er.
Am liebsten aber würde er fliehen, dahin wo niemand etwas würde von ihm verlangen können, denkt er, und sucht im Internet nach geeignetem Dünger für seine Zimmerpflanze.


Copyright © 2017 Simone Näf